Im Sommer 2012 fürs Eurasier-Journal geschrieben:
Nach dem plötzlichen Tod von Jessy kreisten meine Gedanken ständig um das Geschehene und dass ich als Hundemutter versagt hatte. Deshalb hatte ich auch kein Verständnis als mein Lebensgefährte Klaus bereits am nächsten Tag erzählte, dass er im Internet nach Eurasierwelpen gesucht, aber noch nichts gefunden hätte. Sicher konnte ich mir ein Leben ohne Hund nicht mehr vorstellen. Alles war so leer, im Auto und in der Wohnung und mir graute schon vor dem Wochenende. So ließ ich mich doch überreden, bei der Welpenvermittlung anzurufen und die verständnisvolle Anteilnahme von Frau Schwager machte es mir leicht, mich nach einem Welpen zu erkundigen. Aber die vorhandenen Welpen waren schon alle vergeben und demnächst war auch kein Wurf zu erwarten. Schon zwei Tage später kam Klaus mit der Nachricht, dass er mit einem Eurasierzüchter Kontakt aufgenommen hat, bei dem gleich zwei Interessenten abgesprungen sind. Ich müsste unbedingt sofort dort anrufen. Immer noch widerwillig tat ich das und erfuhr, dass der Züchter zwei ca. 3 Wochen alte Würfe hatte und bereits ein Bekannter sich für ein Hundemädchen entschieden hatte und für mich also noch das Füchslein übrig wäre. Eigentlich würde er uns vor der Abgabe gerne mal kennen lernen, aber nachdem es so weit weg ist und ich ja bereits Erfahrung mit Eurasiern hätte, würde er darauf verzichten. Ich stellte noch die brennende Frage nach dem Jagdtrieb seiner Eurasier. Zur Antwort bekam ich, dass sie zwar Wild verfolgten, aber auf Kommando immer zurückkommen. So versicherte ich, dass wir zuverlässig zum Abgabetermin kommen würden. Noch konnte ich mich nicht so richtig freuen, aber in den nächsten Wochen kamen immer wieder Fotos und mit einem Mal entwickelten sich beim Betrachten liebevolle Gefühle für das kleine Pummelchen.
Am 14. August 2010 fuhren wir die rund 600 km nach Einbeck und machten nachmittags einen Vorstellungsbesuch. Die drei erwachsenen Hündinnen waren zierlicher gebaut als Jessy das war. Die Hundemutter war sehr zutraulich und schmiegte sich gleich an mich. Die vielen Welpen spielten ausgelassen. Mein Füchslein war gut von den anderen zu unterscheiden. Am nächsten Vormittag sollte die Übergabe mit Foto stattfinden und wir hatten dann genügend Zeit für die lange Heimfahrt.
Nach einer schlaflosen Nacht holten wir die kleine Jeanny und ich wollte sie zu meinen Füssen in den Fußraum setzen, weil ich Angst hatte, dass ihr bei einer eventuellen Notbremsung sonst etwas passieren könnte. Schon damals zeigte sich ihre Beharrlichkeit mit der sie eine halbe Stunde immer wieder versuchte nach oben zu klettern, aber ich blieb ebenso standhaft und schließlich schlief sie ein. Zuhause angekommen wurden wir von meiner Mutter und meiner Tante erwartet, die das kleine Fellknäuel ebenso bezaubernd fanden, wie fast jeder, dem wir in den nächsten Wochen begegneten. Sie schlief bei mir im Schlafzimmer und musste nur in der ersten Nacht einmal raus. Sie war mit ihren acht Wochen schon vollkommen stubenrein.
Eine Woche Urlaub hatte ich, in der ich mit Jeanny kurze Ausflüge machte um die große weite Welt zu entdecken und wir immer zusammen waren. Abends fuhr ich mit ihr zu Klaus, wo sie erste Erfahrungen mit den beiden Katzen machte. Die ältere Katze blieb ruhig liegen und fauchte bei Jeanny´s sehr vorsichtigen Annäherungsversuchen. Bald hatte sie heraus, dass das kleine, plüschige Wesen ungefährlich war und ließ dann auch zu, dass Jeanny sie beschnupperte. Die jüngere, ängstlichere Katze betrachtete lieber alles von ihrem hohen Kratzbaum aus. Bei ihr dauerte es etwa ein halbes Jahr bis die beiden den ersten kurzen Nasenkontakt hatten. Heute bleibt sie auch in erreichbarer Nähe ruhig liegen. Jeanny machte auch Bekanntschaft mit meinem 10 Jahre alten Zwergkaninchen. Sie winselte, weil Willi sich anfangs in seinem Häuschen versteckte, wo sie ihn doch nur beschnuppern wollte. Schon bald hatte Willi das auch erkannt und beide begrüßen sich nun immer Nase an Nase.
Glücklicherweise kann ich meinen Hund mit ins Büro nehmen. Bereits als Welpe wusste Jeanny schon, dass ich mich dort nicht so um sie kümmern kann und suchte sich ein Plätzchen zum Schlafen. Wenn wir morgens ankommen, wird Jeanny schon mit ein paar Frolic von unserem Hausmeister erwartet. Dann geht es weiter ins Büro meiner Arbeitskollegin, die bereits einige Leckerchen dort versteckt hat, die Jeanny mehr oder weniger eifrig sucht.
Es ist schon erstaunlich, wie scheinbar selbstverständlich alles Neue für so ein kleines Hundekind ist. Große Angst machten ihr nur Autos und wir übten daher in einiger Entfernung zur Straße. Das An-der-Leine-gehen klappte schon von Anfang an recht gut. Sie ist überhaupt sehr vorsichtig und zurückhaltend, von Fremden lässt sie sich kaum streicheln. Ich habe auch mal versucht, sie mittels Belohnung in ein fremdes Auto zu locken, weil wir mitfahren wollten. Aber wenn sie etwas nicht will, hilft kein Leckerchen und Zureden.
Diesmal wollte ich es besser machen und hatte mir überlegt, dass Jeanny zuverlässig auf Pfiff kommen sollte. Dafür sollte es ein Super-Leckerchen geben, das sonst nicht zur Verfügung stand. Ich hatte nun immer eine Pfeife und ein Schälchen Katzenfutter, das man leicht in die Jackentasche stecken kann, dabei. Diese Methode klappt bei Jeanny wirklich gut. Auch später als sie mal ein Reh verfolgte, kam sie nach erfolgtem Pfiff sofort zu mir. Einmal hatte ich jedoch die Superbelohnung vergessen. Jeanny kam angerannt und ich gab ihr ein normales Leckerchen. Sie nahm es, ließ es aber sofort fallen, ein vorwurfsvoller Blick: „So war das doch nicht ausgemacht.“ Einige Tage später wollte ich beweisen, dass ich mich an die Abmachung halte. Also ertönte der Pfiff, sobald sie etwas abseits des Weges war. Misstrauisch kam sie langsam näher und ich holte betont auffällig das Schälchen Futter hervor. Inzwischen ist es nur noch selten im Einsatz. Wenn ich zu ihr sage: „Schön dableiben“, dann schauen wir beide den fliehenden Rehen hinterher und gehen ruhig weiter.
Im Spätwinter diesen Jahres entdeckte Jeanny die Mäusejagd, sie erbeutete kurz nacheinander zwei Mäuse und war nun eifrig auf den Wiesen unterwegs. Sie vergaß alles um sich herum und ich wartete bisweilen schon mal 15 Minuten bis ich sie rief und sie widerwillig mir folgte. Aber das ist nun auch wieder vorbei und Jeanny beschäftigt sich mit der Leckerchenjagd. Sie bleibt immer wieder mal zurück, setzt sich hin – bevorzugt auf einer Anhöhe – und wartet. Brav flöte ich dann (wie bereits bei Jessy gelernt): „Ja wo ist denn die Jeanny.“ Sie rennt los und schleckt schon in freudiger Erwartung ihre Schnauze.
Mit acht Monaten wurde Jeanny das erste Mal läufig. Alles verlief ziemlich entspannt und von irgendwelchen Pubertätsproblemen ist bis heute nichts zu merken. Sie ist ohne Frauchen nur kurze Zeit im Garten und schaut immer wo ich bin. Sogar im See ist sie schon dreimal nachgeschwommen, obwohl sie hörbar keine Freude daran hat. Auch kommt sie immer mit Begeisterung, wenn ich „Jeanny such“ rufe und sie versteckte Leckerlis oder einen alten Socken finden soll. Bei unserer allabendlichen Gartenspielstunde (von mir „Rumdeiferln“ genannt) habe ich die Verfolgerrolle übernommen und versuche Jeanny Stöckchen oder Ball abzujagen. Sie hat oft ein Einsehen mit dem schwerfälligen Zweibeiner und schleift das Stöckchen hinter sich her, damit ich darauf treten kann und die Beute für sie dann gleich wieder wegwerfe. Mit Klaus macht sie lieber Raufspiele, er hat nämlich die besseren Nehmerqualitäten und schreit nicht immer gleich, wenn es ein bisschen heftiger wird.